Der Schwarm – oder wie das Social Web neue Wege der Kulturförderung erschließt.
Gastbeitrag von Anke von Heyl
Warum Künstler bloggen sollten – damit überschrieb ich ein Workshop-Angebot, das ich als Kulturpatin aufgetischt habe. In den Räumen des Kulturamtes traf sich eine spannende Runde von Künstlerinnen und Kulturschaffenden aus unterschiedlichen Branchen. Der Diskussionsbedarf war riesig! Und im Verlaufe des Austausches kamen eine Menge Ideen, die es lohnt, weiterzudenken. Eine davon ging in die Richtung, das Kulturpaten-Blog mit Gastbeiträgen zu bestücken. Ich mache gerne den Anfang. Vielleicht regt das weitere an!
Was ich ebenfalls aus dem Workshop mitgenommen habe: ein starkes Interesse am Thema Crowdfunding. Ich erwähnte das kurz im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken und hätte das gerne auch vertieft. Doch Moment, da fällt mir ein: Spitzenthema für einen Gastbeitrag! (Macht alles so viel Arbeit, wird oft im Zusammenhang mit der Nutzung von Social Media gequengelt. Geschickte Vernetzung und Verknüpfung von Inhalten und Plattformen ist mein Tipp zum Ressourcen schonen.)
Schwarmfinanzierung
Crowdfunding ist eine Erfindung des Social Web. Man kann schon mit geringen Geldbeträgen Teil eines spannenden Prozesses sein und helfen, etwas Neues auf den Weg zu bringen. Was einer allein nicht packt, das schaffen viele. Der Schwarm ist also nicht nur intelligent, sondern auch Geburtshelfer für Ideen. Das hat mich schon immer fasziniert. Mein erster Kontakt mit dem Crowdfunding war über das Projekt „Naumonzeit“. www.startnext.de/naumonzeit/blog/?bid=674 Sehr schade, dass diese tolle Idee nicht ausgeführt werden konnte. Aber es war sicher kein Fehler, dafür das Crowdfunding auszuprobieren. Beim Crowdfunding geht es nämlich nicht nur um Geld! Man sollte es auch als Community-Building sehen. Also als Möglichkeit, einen Kreis von Freunden und
Unterstützern aufzubauen. Wie das funktioniert und was man alles beachten muss, darüber habe ich ausführlicher hier gebloggt: www.kulturtussi.de/erfolgreiches-crowdfunding/
Erfahrungen sammeln
Erfahrungen im Crowdfunding habe ich mit einem besonderen Projekt sammeln können. Bei der Aktion „Ein Buch für die Straße“ www.startnext.de/draussenseiterbuch unterstützte ich die Kölner Straßenzeitung Draussenseiter ehrenamtlich. (Über das ehrenamtliche Arbeiten erschließt man wunderbar neue Welten und kann Dinge ausprobieren. Ist ja an dieser Stelle auch mal wichtig als Inspiration für zukünftige Kulturpaten, nicht wahr).
Übrigens kann ich nur empfehlen, einfach mal durch die vielen Crowdfunding-Projekte – egal ob erfolgreich oder nicht – zu blättern. Man lernt eine Menge über Selbstdarstellung und kann nach einiger Zeit gut beurteilen, warum manche Projekte funktionierten und andere floppten. Startnext ist da aus meiner Sicht am ergiebigsten, aber es lohnt auch, bei anderen zu schauen. Beim internationalen Portal Kickstarter www.kickstarter.com/ zum Beispiel, dem zweitgrößten deutschen Portal Visionbakery www.visionbakery.com/ oder dem Köln-Portal www.all-zesamme.de/ , das jüngst an den Start ging und mehr auf soziale Projekte ausgerichtet ist.
Das Rapunzelkomplott
Jetzt scanne ich meinen täglichen Nachrichten-Fluss gerne hinsichtlich neuer Projekte mit interessanten Crowdfunding-Ideen. Und zack, schon bald kam das feine „Rapunzelkomplott“ daher, bei dem ich postwendend Fan wurde und auch nicht zögerte, die 10 Euro für einen Katalog zu investieren (mit online-Banking geht das superschnell). Zumal unter der Frage, welche Zielgruppe man denn zu erreichen gedenke, stand: Menschen, die die Ausstellung leider verpasst haben. Genau das war bei mir der Fall. Jetzt halte ich den Katalog – sogar mit Signatur – in den Händen und überdies noch ein paar Postkarten dazu. Eine nette kleine Wundertüte, die bei mir ankam. Und mir einen freudigen Überraschungsmoment bescherte.
Ich kenne Julja Schneider und Iris Stephan nicht persönlich. Obwohl es erstaunlich viele Orte gibt, wo wir uns locker hätten treffen können. Bei den artgenossen http://www.artgenossen-gmbh.de/ zum Beispiel oder im museum für verwandte kunst www.museumfuerverwandtekunst.de/museum/ . Alles Orte, die zu meinem erweiterten kulturellen Netzwerk gehören. Und so ist auch das Crowdfunding-Projekt der beiden Künstlerinnen ein schönes Beispiel dafür, wie Menschen, Orte und Kunst miteinander verknüpft werden. Denn Julja und Iris sammelten nicht nur, um einen kleinen Katalog für ihre Ausstellung Das Rapunzelkomplott produzieren zu können. Indem sie zum Beispiel die Graphikerin vernünftig bezahlen (übrigens eine Künstlerin, die mir sehr wohl bekannt ist www.kulturtussi.de/eine-grille-in-der-grossstadt/ ). Nein, sie wollten auch noch etwas für den Zündorfer Wehrturm www.zuendorfer-wehrturm.de tun. Ein schöner Ausstellungsort, der in der Geschichte des Rapunzelkomplotts eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Was es mit dieser Story auf sich hat, kann man in einem eigenen Projekt-Blog nachlesen. www.rapunzelkomplott.blogspot.de/2014/03/die-laudatio.html
Dankeschön
Die beiden Künstlerinnen haben bei ihrem Crowdfunding-Projekt die richtige, nämlich authentische Ansprache gefunden und sogar mehr als die angestrebte Summe finanziert bekommen. Das Pitch-Video kam ein bisschen sehr dadaistisch daher, aber zeigt beide unprätentiös und sympathisch. Das Prinzip der Dankeschöns, mit dem so eine Kampagne steht und fällt, lösten sie ziemlich clever ein. Sie haben schließlich ihre Kunst! Und so erwarben insgesamt 13 Supporter Multiples der beiden Künstlerinnen und fünf Originale gingen an die Unterstützer. Zudem konnten Schneider und Stephan auch noch eine ihrer ArtVisiten www.artvisite.de/was-ist-artvisite/ einsetzen und erfolgreich für ihr Business werben. Wenn also die meisten Crowdfunding-Starter sich ordentlich strecken müssen, um gute Dankeschöns an Land zu ziehen, haben Künstler und Künstlerinnen hier deutliche Vorteile. Das sollte doch motivieren, oder?
Ziele anstreben
Nun wurde für den Katalog des Rapunzelkomplotts keine riesige Summe gebraucht. Es ist ein guter Plan, erste Crowdfunding-Erfahrungen mit überschaubaren Geldbeträgen einzufahren. Für größere Projekte empfehle ich jedoch unbedingt, die Funktion eines Blogs auf der Plattform zu nutzen und mit den Fans in kontinuierlichem Kontakt zu bleiben. Erfolgreiches Crowdfunding ist oft wie eine richtige Werbekampagne geplant. Es gilt vor allem, an die Zielgruppen zu gelangen, die einen noch nicht kennen. Das ist eine große Herausforderung. Aber es bringt einen auch am weitesten nach vorne. Crowdfunding sollte Teil einer größeren Kommunikations-Strategie werden. Dann trägt das auch über die eigentliche Kampagne hinaus!
Leseempfehlung
Crowdsourcing:
Literaturliste zum Thema „Crowdfunding“bei Google
Literaturliste zum Thema bei der FAZ
Wolfgang Gumpelmaier ist Crowdfunding-Experte und veröffentlicht laufend News um das Thema.